Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_529/2024
Urteil vom 27. März 2025
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral,
Gerichtsschreiberin Polla.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Solothurn,
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdeführerin,
gegen
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4500 Solothurn,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Gerichtskosten, Kosten),
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 25. Juli 2024 (VSBES.2022.146).
Sachverhalt:
A.
Der 1993 geborene A.________ meldete sich am 5. Juli 2019 bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle veranlasste u.a. Frühinterventionsmassnahmen in Form eines Aufbautrainings und holte bei der GA eins GmbH ein polydisziplinäres Gutachten in den Fachrichtungen Neurologie, Rheumatologie, Innere Medizin und Psychiatrie ein. Sie verneinte mit Verfügung vom 4. Juli 2022 den Anspruch von A.________ auf berufliche Eingliederungsmassnahmen und eine Invalidenrente.
B.
In teilweiser Gutheissung der dagegen geführten Beschwerde hob das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Verfügung vom 4. Juli 2022 auf. Es sprach A.________ vom 1. Februar 2020 bis 31. Mai 2022 eine ganze Rente sowie vom 1. Juni bis 31. Oktober 2022 eine Rente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 68 % zu und bejahte einen Anspruch auf eine Invalidenrente von 59 % ab 1. November 2022 (Dispositiv-Ziffer 2). Ferner überband es der IV-Stelle die Kosten des eingeholten Gerichtsgutachtens (Fachrichtungen Neuropsychologie vom 21. März 2024 und Psychiatrie vom 9. April 2024) in der Höhe von Fr. 14'200.- (Dispositiv-Ziffer 6; Urteil vom 25. Juli 2024).
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 6 des angefochtenen Urteils sei die Sache an die Vorinstanz zur Prüfung und Neubeurteilung zurückzuweisen. Eventualiter seien in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 6 die der IV-Stelle auferlegten Kosten für das Gerichtsgutachten ermessensweise um die Hälfte zu reduzieren.
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, ohne sich materiell zur Sache zu äussern.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1).
2.
2.1. Streitig und zu beurteilen ist einzig die Frage, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die IV-Stelle zur Übernahme der Kosten des Gerichtsgutachtens in der Höhe von Fr. 14'200.- verpflichtete. Nicht umstritten ist, dass die Voraussetzungen für eine Kostenüberbindung an sich erfüllt sind (vgl. dazu BGE 143 V 269 E. 3.3; 140 V 70 E. 6.1; 139 V 496 E. 4.4; Urteil 9C_325/2024 vom 24. Oktober 2024 E. 6.1.1, zur Publikation bestimmt). Auf diesbezügliche Ausführungen kann deshalb verzichtet werden.
2.2. Was die Bemessung der Kosten dieser Abklärungen angeht, führte das Bundesgericht in Bezug auf die Kostenüberbindung polydisziplinärer Gerichtsgutachten an die IV-Stellen aus, es fehle eine bundesgesetzliche Grundlage dafür, dass das BSV mit den MEDAS Tarifvereinbarungen mit Geltung auch für die erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren treffen könnte (BGE 143 V 269 E. 6.2.2). Die IV-Stellen hätten im Rahmen der mit BGE 139 V 496 umschriebenen Grundsätze für die gesamten Kosten des Gerichtsgutachtens aufzukommen. Der vom BSV mit den MEDAS vereinbarte Tarif könne immerhin als Richtschnur dienen, an der sich die Beteiligten zu orientieren hätten. Dies gleichsam wie eine Weisung oder Verordnung der Verwaltung, die für das Gericht nicht bindend, aber doch zu berücksichtigen sei, sofern sie eine dem Fall angepasste Lösung zulasse (vgl. BGE 141 III 401 E. 4.2.2). Das bedeute, dass die Gründe darzulegen wären, weshalb im konkreten Fall die im betreffenden Tarif vorgesehenen Pauschalen nicht genügten und dass sicher auch nicht ohne weiteres auf Tarmed Kategorie D ("Gutachten mit überdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad") oder gar E ("ausserordentlich schwierige Fälle") zurückgegriffen werden könne (BGE 143 V 269 E. 7.3).
3.
3.1. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz sei zum Schluss gelangt, dass im Verwaltungsverfahren der Sachverhalt unzureichend abgeklärt worden und die Abklärungslücke im Gerichtsverfahren zu schliessen gewesen sei. Deswegen seien die Gutachtenskosten von Fr. 14'200.- durch die Beschwerdeführerin zu tragen. Die Vorinstanz habe es zum einen unterlassen, sich mit dem Honorar von Dr. med. B.________ (Psychiatrie) und Dr. phil. C.________ (Neuropsychologie) auseinanderzusetzen und zum andern habe sie in Verletzung ihrer Begründungspflicht nach Art. 61 Abs. 1 lit. h ATSG nicht dargelegt, welche Weisungen des BSV bei diesen Abklärungen als Richtschnur im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dienen könnten. Mittlerweile gebe es eine Vereinbarung mit dem BSV betreffend die Erstellung von bidisziplinären Gutachten, die als Orientierung herangezogen werden könnte. Diese äussere sich auch zur finanziellen Abgeltung und enthalte im Anhang Zusatztarife und Erläuterungen zur Vergütung bidisziplinärer Gutachten, wobei eine neuropsychologische Abklärung lediglich als Zusatzuntersuchung gelte. Somit liege ein monodisziplinäres psychiatrisches Gutachten mit neuropsychologischer Zusatzuntersuchung vor.
3.2. Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, der Betrag von Fr. 14'200.- übersteige das üblicherweise zu Erwartende, wobei die neuropsychologische Zusatzuntersuchung allein mit Fr. 5'200.- veranschlagt worden sei. Im Urteil 9C_573/2023 vom 23. Juli 2024 E. 8.4 zog das Bundesgericht einen solchen Schluss für ein psychiatrisches Gutachten mit geltend gemachten Kosten von Fr. 16'560.- (vgl. die im soeben zitierten Urteil genannten weiteren Beispiele: Urteile 8C_98/2023 vom 10. August 2023: Fr. 10'000.- [auszugsweise veröffentlicht in: SVR 2023 UV Nr. 52 S. 184]; 8C_60/2023 vom 14. Juli 2023: Fr. 11'352.50; Urteil 9C_13/2012 vom 20. August 2012: Fr. 6'774.- sowie Urteil 9C_492/2021 vom 23. August 2022 Sachverhalt lit. B und E. 7: Fr. 5'500.-).
4.
4.1. Wie die IV-Stelle ferner korrekt einwendet, stellte die Vorinstanz hinsichtlich der Überbindung der Gutachtenskosten in der Höhe von Fr. 14'200.- einzig fest, diese seien aufgrund der unvollständigen Sachverhaltsabklärung im Verwaltungsverfahren durch die Beschwerdeführerin zu tragen.
4.2. Mit Blick auf die Gutachtenskosten von gesamthaft Fr. 14'200.- wäre die Vorinstanz nach dem Gesagten gehalten gewesen, die Überbindung in dieser Höhe zu begründen (E. 2.2 vorne). Auch wenn anzunehmen ist, dass sie sich hierfür auf die in den vorinstanzlichen Akten liegende Honorarrechnung von Dr. phil. C.________ vom 8. April 2024 über Fr. 5'200.- und der nicht näher spezifizierten Honorarnote von Dr. med. B.________ vom 9. April 2024 über Fr. 9'000.- stützte, ergibt sich dies aus dem angefochtenen Urteil nicht. Eine Auseinandersetzung mit den in Rechnung gestellten Honoraren fehlt gänzlich, die indessen bereits mit Blick auf deren Höhe angezeigt gewesen wäre (E. 2.2 und E. 3.2 vorne).
Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie sich mit den Kostennoten vom 8. und 9. April 2024 auseinandersetze und über die Höhe des von der IV-Stelle zu tragenden Gutachterhonorars neu entscheide. Für eine in das bundesgerichtliche Ermessen gestellte Reduktion um die Hälfte findet sich in der Beschwerdeschrift keine Begründung. Darauf ist deshalb nicht weiter einzugehen. Die Beschwerde ist im Hauptpunkt begründet.
5.
Umständehalber wird auf die Erhebung der Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 6 des Urteils des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 25. Juli 2024 wird aufgehoben und die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Höhe der von der IV-Stelle zu tragenden Kosten für das Gerichtsgutachten vom 21. März/9. April 2024 neu befinde.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und A.________ schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 27. März 2025
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Viscione
Die Gerichtsschreiberin: Polla