Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_456/2024
Urteil vom 12. Juni 2025
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Bovey, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Hartmann,
Bundesrichterin De Rossa, Bundesrichter Josi,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
Stadt Chur,
Rathaus, Poststrasse 33, Postfach 810, 7001 Chur,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Benz,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. A.________,
2. B.________,
beide vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Christian Schreiber,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Paulianische Anfechtung (Erbverzichtsvertrag),
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
Graubünden, I. Zivilkammer, vom 3. Juni 2024
(ZK1 23 166).
Sachverhalt:
A.
A.a. C.________ ist der Sohn von D.________. A.________ (geboren 2006) und B.________ (geboren 2009) sind die Kinder von C.________.
A.b. Mit eigenhändigem Testament vom 30. August 2017 hielt D.________ fest, ihr Sohn C.________ habe auf jeglichen Erbanspruch verzichtet. Als alleinige Erben setzte sie ihre Enkel A.________ und B.________ zu gleichen Teilen ein. Für den Fall, dass gegenüber ihrem Sohn finanzielle Ansprüche mit Bezug auf seinen Erbanspruch, auf den er gemäss Erbvertrag verzichtet habe, geltend gemacht würden, setzte D.________ diesen auf den um die Hälfte reduzierten Pflichtteil gemäss Art. 480 ZGB.
A.c. Am 12. September 2017 schloss C.________ mit D.________ einen Erbverzichtsvertrag ab. Darin verzichtete er zugunsten seiner beiden Kinder A.________ und B.________auf sämtliche erbrechtlichen Ansprüche im Nachlass seiner Mutter.
A.d. Mit Testamentsergänzung vom 19. September 2017 räumte D.________ ihrem Sohn C.________ im Sinne eines Vermächtnisses an der Liegenschaft Grundstück-Nr. xxx mit Wohnhaus an der E.________strasse yyy in Chur für sich und seine Ehefrau sowie seine Nachkommen ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnrecht ein.
A.e. Am 5. Oktober 2018 verstarb D.________. A.________ und B.________ erbten von ihrer Grossmutter unter anderem das Grundstück Nr. xxx mit Wohnhaus an der E.________strasse yyy in Chur und wurden als neue Eigentümer der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen.
A.f. Die Stadt Chur verfügt gegen C.________ über Pfändungsverlustscheine im Umfang von Fr. 43'091.50.
B.
Nach gescheitertem Schlichtungsversuch gelangte die Stadt Chur mit paulianischer Anfechtungsklage an das Regionalgericht Plessur. Mit Entscheid vom 8. September 2023 ermächtigte das Regionalgericht die Stadt Chur, unter Duldungspflicht von A.________ und B.________, das Grundstück Nr. xxx, Plan-Nr. zzz, Grundbuch Chur, zur Deckung der Forderung im Umfang von Fr. 43'091.50 mit Beschlag zu belegen und amtlich verwerten zu lassen. Das Betreibungs- und Konkursamt Plessur wurde angewiesen, die zwangsvollstreckungsrechtliche Beschlagnahme im entsprechenden Umfang zu vollziehen und das Grundstück Nr. xxx, Plan-Nr. zzz, Grundbuch Chur, zu verwerten.
Die von A.________ und B.________ gegen diesen Entscheid erhobene Berufung hiess das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 3. Juni 2024 (eröffnet am 13. Juni 2024) gut, hob den Entscheid des Regionalgerichts auf und wies die Anfechtungsklage ab.
C.
C.a. Die Stadt Chur (Beschwerdeführerin) wendet sich mit Beschwerde in Zivilsachen vom 11. Juli 2024 an das Bundesgericht. Sie beantragt unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale und das bundesgerichtliche Verfahren, das Urteil des Kantongsgerichts sei aufzuheben und das Urteil des Regionalgerichts (vgl. Bst. B) sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
C.b. Vom Bundesgericht dazu eingeladen, sich zur Beschwerde zu äussern, beantragen A.________ und B.________ (Beschwerdegegner), die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
Der Streit um paulianische Anfechtungsansprüche ist eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache (Art. 72 Abs. 2 Bst. a BGG; Urteil 5A_58/2024 vom 10. Mai 2024 E. 1 mit Hinweis) vermögensrechtlicher Natur. Die gesetzliche Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG). Das Kantonsgericht ist eine letzte kantonale Instanz, die als oberes Gericht auf Rechtsmittel hin entschieden hat (Art. 75 BGG). Der angefochtene Entscheid lautet zum Nachteil der Beschwerdeführerin (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 90 BGG). Die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen steht somit grundsätzlich offen.
2.
Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber grundsätzlich nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden (Art. 42 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde muss in gedrängter Form dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, was eine Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 143 II 283 E. 1.2.2). Für das Vorbringen der Verletzung verfassungsmässiger Rechte gelangt dagegen das strenge Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG zur Anwendung (BGE 144 II 313 E. 5.1; 143 II 283 a.a.O.). Das Bundesgericht prüft insoweit nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 140 III 264 E. 2.3). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
3.
Das Kantonsgericht erwog, für die minderjährigen Beschwerdegegner bestünden Beistandschaften zur Verwaltung des Kindesvermögens. Zur Prozessführung von verbeiständeten Personen sei die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) erforderlich, sofern der Beistand den Prozess in Vertretung der betroffenen Person führe. Die Beschwerdeführerin mache geltend, die von der KESB Nordbünden erteilte Zustimmung erstrecke sich nicht auf die Erhebung eines Rechtsmittels. Auf die Berufung sei daher nicht einzutreten. Dieser Einwand verfange nicht. Die KESB habe mit Entscheid vom 10. Februar 2022 dem Beistand "betreffend Forderungsklage (Art. 285 ff. SchKG,
actio pauliana) der Stadt Chur gegen A.________ und B.________ die Zustimmung zur Prozessführung" mit Substitutionsrecht erteilt. Dass diese Zustimmung die Erhebung eines Rechtsmittels nicht mitumfassen sollte, überzeuge angesichts der weit gefassten Formulierung nicht; zur Prozessführung gehöre auch die Erhebung allfälliger Rechtsmittel. Sämtliche Prozessvoraussetzungen seien damit erfüllt. Auf die Berufung sei einzutreten.
Die Beschwerdeführerin bringt vor Bundesgericht erneut vor, der aktenkundige Entscheid der KESB vom 10. Februar 2022 bzw. die damals erteilte Zustimmung zur Prozessführung beziehe sich einzig auf die Wahrung der Abwehrinteressen der Beschwerdegegner im erstinstanzlichen Verfahren vor Regionalgericht, in welchem die Beschwerdeführerin als Klägerin aufgetreten sei. Entsprechend hätte das Kantonsgericht auf die Berufung mangels Erfüllung der Prozessvoraussetzungen gar nicht erst eintreten dürfen (vgl. Art. 59 Abs. 2 Bst. c ZPO; Art. 60 ZPO). Dabei wiederholt sie praktisch wörtlich ihre Ausführungen in der Berufungsantwort, ohne sich mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Auf das Vorbringen ist deshalb nicht einzutreten. Im Übrigen zielt es insofern ins Leere, als sich die Beschwerdegegner nicht nur vor dem Regionalgericht, sondern auch im Berufungsverfahren gegen den Anfechtungsanspruch wehrten.
4.
Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, ob ein Erbverzicht eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinn von Art. 288 Abs. 1 SchKG ist.
4.1. Das Kantonsgericht erwog, der Schuldner, welcher erbvertraglich auf eine zukünftige Erbschaft verzichte, disponiere weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht über sein Vermögen. Er veräussere keine Aktiven, sondern verzichte lediglich auf eine unpfändbare Anwartschaft. Der Erbverzichtsvertrag führe nicht zu einer Veränderung des pfändbaren schuldnerischen Vermögens. Damit liege kein gemäss Art. 285 Abs. 1 SchKG verpönter Entzug von Vermögenswerten vor. Der unentgeltliche Erbverzicht sei daher keine im Sinn von Art. 288 SchKG anfechtbare Rechtshandlung. Zwar könne nicht in Abrede gestellt werden, dass die Gläubiger im konkreten Fall besser gestellt wären, wenn der Vater der Beschwerdegegner den Erbverzichtsvertrag nicht unterzeichnet und die Erbschaft erhalten hätte. Die Anfechtungsklage richte sich jedoch lediglich gegen Handlungen und Unterlassungen des Schuldners, mit denen er sich des ihm bereits zustehenden Haftungssubstrats entäussere. Da durch den Erbverzichtsvertrag lediglich auf den Erwerb neuen Vermögens verzichtet werde, liege keine Gläubigerschädigung vor.
4.2. Die Beschwerdeführerin rügt, das Kantonsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich beim Erbverzicht von C.________ um keine anfechtbare Rechtshandlung im Sinn von Art. 288 Abs. 1 SchKG handle. Die Absichtsanfechtung als Auffangtatbestand umfasse sämtliche Rechtshandlungen, die direkt oder indirekt zu einer Schädigung der Gläubiger führen könnten. Der Abschluss eines Erbverzichtsvertrags stelle zweifellos eine Rechtshandlung dar. Durch den Erbverzicht sei das Haftungssubstrat von C.________ vermindert bzw. auf null reduziert worden, was letztendlich zu einem Schaden der Beschwerdeführerin geführt habe. Der Erbverzicht sei geeignet, mittelbar zu einer Gläubigerschädigung zu führen. Es sei irrelevant, ob bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbverzichtsvertrags beim Schuldner eine Vermögensverminderung eingetreten sei. Massgeblich sei einzig, dass mit dem Abschluss des Erbverzichtsvertrags eine Rechtshandlung vorgenommen worden sei mit der erkennbaren Absicht, die Gläubiger zu schädigen. Auch gebe es keinen Grund, die Ausschlagung einer Erbschaft und den Erbverzicht zu Lebzeiten unterschiedlich zu behandeln.
4.3. Die Beschwerdegegner halten demgegenüber im Wesentlichen fest, dass ein präsumtiver Erbe beim Erbverzicht - im Unterschied zur Ausschlagung - weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht über einen Vermögenswert disponiert. Der Verzicht erfasse lediglich eine Anwartschaft, deren Wert nicht bestimmt ist; die Situation ändere sich nicht zum Nachteil der Gläubiger. Liege kein Verzicht auf einen Vermögensanfall vor, so könne auch keine Gläubigerschädigung eintreten.
4.4.
4.4.1. Gemäss Art. 288 Abs. 1 SchKG sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teil erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. Die Absichtsanfechtung (Marginalie zu Art. 288 SchKG) setzt in objektiver Hinsicht eine Gläubigerschädigung durch eine innerhalb der Verdachtsfrist vorgenommene Rechtshandlung des Schuldners und in subjektiver Hinsicht die Schädigungsabsicht des Schuldners sowie deren Erkennbarkeit für den Dritten voraus (vgl. BGE 137 III 268 E. 4; 134 III 452 E. 2; 101 III 92 E. 4a; Kurt Amonn/Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 5 Rz. 25; Walter STOFFEL/ISABELLE CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, § 7 Rz. 31).
4.4.2. Mit der paulianischen Anfechtung eines Erbverzichtsvertrags hat sich das Bundesgericht bereits in BGE 138 III 497 befasst. Es hielt fest, der Erbverzicht sei weder eine Schenkung noch eine unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (Schenkungspauliana; BGE 138 III 497 E. 6.2 f.). Der Entscheid enthält auch Ausführungen zur Absichtsanfechtung gemäss Art. 288 SchKG (BGE 138 III 497 E. 7). Da die Erkennbarkeit der Schädigungsabsicht des Schuldners nicht bewiesen war, konnte das Bundesgericht allerdings offenlassen, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale von Art. 288 SchKG erfüllt wären. Der vorliegende Fall gibt Anlass zur Klärung der Frage, ob ein Erbverzichtsvertrag vom objektiven Tatbestandsmerkmal der Absichtsanfechtung erfasst ist.
4.4.3. Das objektive Tatbestandsmerkmal von Art. 288 Abs. 1 SchKG, die Schädigung der Gläubiger durch die Rechtshandlung des Schuldners, erwähnt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich. Es ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck der paulianischen Anfechtung. Denn mit ihr sollen Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die ihr durch eine Rechtshandlung gemäss Art. 286-288 SchKG entzogen worden sind (Art. 285 Abs. 1 SchKG). Die Anfechtungsklage dient der Wiedergutmachung eines den Gläubigern oder einem Teil davon zugefügten Nachteils (BGE 134 III 452 E. 2). Sie richtet sich darauf, das aus vollstreckungsrechtlicher Sicht unrechtmässig entäusserte Vermögen in die Zwangsvollstreckung zurückzuführen und damit die Exekutionsrechte der Gläubiger wiederherzustellen (BGE 142 III 395 E. 4.2; 141 III 527 E. 2.2; 136 III 247 E. 2; 35 II 106 E. 4; Amonn/Walther, a.a.O., § 52 Rz. 2; STOFFEL/CHABLOZ, a.a.O., § 7 Rz. 1). Objektive Voraussetzung der paulianischen Anfechtungsklage bildet daher in jedem Fall, dass die angefochtene Handlung die Gläubiger oder einzelne von ihnen durch Beeinträchtigung ihrer Exekutionsrechte schädigt, indem sie das Vollstreckungsergebnis oder ihren Anteil daran vermindert oder ihre Stellung im Vollstreckungsverfahren sonstwie verschlechtert (BGE 137 III 268 E. 4.1; 136 III 247 E. 3; 135 III 513 E. 3.1; 99 III 27 E. 3).
4.4.4. Im Rahmen des objektiven Tatbestandsmerkmals ist demnach auch eine Beeinträchtigung von Exekutionsrechten der Gläubiger erforderlich. Solche Rechte bestehen am verwertbaren Vermögen des Schuldners. Damit die Rechtshandlung des Schuldners die Gläubiger benachteiligt, muss sie deshalb dem Schuldner bereits zustehendes, verwertbares Vermögen - das Exekutionssubstrat - betreffen (vgl. Amonn/Walther, a.a.O., § 52 Rz. 2; Ernst Brand, Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 1902, S. 116; Ernst Blumenstein, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, 1911, S. 888; Pierre-Robert Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, 2003, N. 25 zu Art. 288 SchKG; Isaak Meier, Privatrechtliche Anfechtungsklagen, in: Festschrift für Hans Giger, 1989, S. 492; Henry Peter, in: Commentaire Romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 15 zu Art. 285 SchKG; Adrian Staehelin/Lukas Bopp, in: Basler Kommentar, Schuldbetreibung und Konkurs II, 3. Aufl. 2021, N. 24 zu Art. 285 SchKG, mit Hinweis auf CARL JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, 1911, N. 3B zu Art. 288 SchKG). Das Vollstreckungsergebnis kann dabei durch eine Verminderung der Aktiven oder eine Vermehrung der Passiven beeinträchtigt werden (Grégory Bovey, L'action révocatoire, JdT 2018 II S. 54; Brand, a.a.O., S. 118; Henri-Robert Schüpbach, Droit et action révocatoires, 1997, N. 4 zu Art. 288 SchKG). Durch den Verzicht des Schuldners auf den Erwerb neuen Vermögens werden die Gläubiger dagegen nicht in ihren Exekutionsrechten beeinträchtigt. Aus dem Anfechtungsrecht lässt sich keine allgemeine Pflicht des Schuldners gegenüber dem Gläubiger ableiten, sein Vermögen künftig zu vermehren und das Exekutionssubstrat zu vergrössern (bereits RODOLFO BONZANIGO, L'azione pauliana nel diritto federale svizzero, Rep. 1893, S. 160 ff., 164). Am Vermögen, das der Schuldner zu erwerben unterlassen hat, haben die Gläubiger nie Exekutionsrechte gehabt. Sie gehen folglich keiner Exekutionsrechte verlustig, die durch eine Anfechtungsklage wieder hergestellt werden könnten. Rechtshandlungen, mit denen der Schuldner auf den Erwerb neuen Vermögens verzichtet, sind daher nicht nach den Art. 285 ff. SchKG anfechtbar (Brand, a.a.O, S. 138; Gilliéron, a.a.O.; Walter Hangartner, Die Gläubigeranfechtung im schweizerischen Recht, 1929, S. 41; Kathrin Kriesi, Actio Pauliana, 2020, S. 43; Meier, a.a.O.; Staehelin/ Bopp, a.a.O.).
4.4.5. Mit dem Erbverzichtsvertrag gemäss Art. 495 ff. ZGB verzichtet der Erbe nicht auf ihm bereits zustehendes Vermögen, sondern lediglich auf eine Anwartschaft (vgl. BGE 138 III 497 E. 5). Der Erblasser kann bis zum Todeszeitpunkt frei über sein Vermögen verfügen, so dass sich die Hoffnung der Gläubiger auf zukünftiges Vollstreckungssubstrat selbst bei einem Pflichtteilserben zerschlagen kann (BGE 138 III 497 E. 3.4). Anwartschaften oder Rechte mit ungewisser Entstehung und von ungewissem Umfang, wozu insbesondere auch die Erbanwartschaft gehört, sind unpfändbar (BGE 138 III 497 E. 3.4; 73 III 149 S. 151). Sie gehören damit nicht zum verwertbaren Vermögen. Der Verzicht auf eine Erbanwartschaft ist demnach keine gemäss Art. 288 SchKG anfechtbare Handlung (Kriesi, a.a.O., S. 43; Hangartner, a.a.O.; Paul-Henri Steinauer, Le droit des successions, 2. Aufl., 2015, Rz. 652 Fn. 22;
anders Stefan Grundmann, in: Praxiskommentar Erbrecht, 5. Aufl. 2023, N. 25a zu Art. 495 ZGB, vgl. jedoch auch N. 5 zu Art. 497 ZGB; Stephan Wolf/Ricarda Stoppelhaar, Paulianische Anfechtung und Schutz der Erbengläubiger gemäss Art. 578 ZGB - ein Vergleich, in: Festschrift für Jolanta Kren Kostkiewicz, 2018, S. 705; STÉPHANE ABBET, in: Commentaire romand, Code civil II, 2016, N. 14 zu Art. 495 ZGB).
4.4.6. Der Begriff der "Rechtshandlungen" des Schuldners im Sinn von Art. 288 SchKG ist zwar - wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt - im weitesten Sinn des Wortes zu verstehen (BGE 143 III 395 E. 4.1; 95 III 83 E. 4a). Das ändert jedoch nichts daran, dass durch die Rechtshandlung Exekutionsrechte der Gläubiger beeinträchtigt werden müssen, was bei einem Erbverzichtsvertrag nicht der Fall ist. Zutreffen mag auch, dass das den Gläubigern zukommende Vollstreckungsergebnis als Folge des Erbverzichtsvertrags geringer ist, als es ohne diesen Vertrag wäre, und die Gläubiger insofern geschädigt werden. Allein dadurch, dass eine Rechtshandlung zu einer Gläubigerschädigung führt, sind jedoch noch nicht alle objektiven Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 288 SchKG erfüllt. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Schädigung durch Beeinträchtigung der Exekutionsrechte der Gläubiger erfolgt. Exekutionsrechte haben die Gläubiger aber nur an dem Schuldner bereits zustehendem Vermögen. Nicht weiter hilft der Beschwerdeführerin auch ihr Vorbringen, es dürfe keine Rolle spielen, ob der Schuldner beispielsweise Fr. 100'000.-- verschenke oder auf eine Forderung oder eine Anwartschaft von Fr. 100'000.-- verzichte, damit seine Gläubiger leer ausgingen. Die Schenkung wie auch der Verzicht auf eine Forderung haben dem Schuldner bereits zustehendes, verwertbares Vermögen zum Gegenstand. An einer (Erb-) Anwartschaft haben die Gläubiger dagegen keine Exekutionsrechte und deren Hoffnungen auf zukünftiges Vollstreckungssubstrat können sich zerschlagen (vgl. vorne E. 4.4.5). Aus dem gleichen Grund geht der Einwand fehl, es gebe keinen Grund, die Ausschlagung einer Erbschaft und den Erbverzicht zu Lebzeiten unterschiedlich zu behandeln. Die Beschwerdeführerin bringt sodann sinngemäss vor, massgeblich müsse sein, über welches Haftungssubstrat der Schuldner "bei normalem Geschäftsgebaren" verfügt hätte. BGE 136 III 247 E. 2, auf den sie in diesem Zusammenhang verweist, äussert sich jedoch zum Fall, in dem Vollstreckungssubstrat beiseitegeschafft worden ist, das sich bei normalem Geschäftsgebaren in der Masse noch vorgefunden hätte, und nicht etwa zum Verzicht auf den Erwerb neuen Vermögens. Nichts ableiten für die hier aus anfechtungsrechtlicher Sicht interessierende Frage kann die Beschwerdeführerin schliesslich, soweit sie vorbringt, bei der Berechnung von Ergänzungsleistungen werde ein Erbverzicht als Vermögensverzicht angerechnet. Im Übrigen hatte der von der Beschwerdeführerin zitierte BGE 139 V 505 eine Ausschlagung und keinen Erbverzichtsvertrag zum Gegenstand.
4.5. Im Ergebnis fehlt es bei einem Erbverzicht gemäss Art. 495 ff. ZGB somit an der im Rahmen des objektiven Tatbestands von Art. 288 Abs. 1 SchKG erforderlichen Beeinträchtigung von Exekutionsrechten der Gläubiger. Das Kantonsgericht hat daher bundesrechtskonform entschieden, dass der unentgeltliche Erbverzicht des Schuldners keine im Sinn dieser Bestimmung anfechtbare Rechtshandlung ist. Auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Gläubigerschädigung und zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen braucht folglich nicht mehr eingegangen zu werden.
5.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist deshalb abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin, die in ihren Vermögensinteressen handelt, für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1, Abs. 4 BGG) und den Beschwerdegegnern eine Parteientschädigung zu bezahlen ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Graubünden, I. Zivilkammer, mitgeteilt.
Lausanne, 12. Juni 2025
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Bovey
Der Gerichtsschreiber: Levante