Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9D_2/2025, 9D_3/2025
Urteil vom 13. Mai 2025
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Moser-Szeless, Präsidentin,
Gerichtsschreiber Kocher.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
9D_2/2025
Einwohnergemeinde U.________,
Beschwerdegegnerin,
9D_3/2025
Finanzdepartement des Kantons Solothurn,
Rathaus, Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Staatssteuern des Kantons Solothurn und direkte Bundessteuer (9D_3/2025) bzw. Gemeindesteuern des Kantons Solothurn (9D_2/2025), Steuerperioden 2021 bis 2023,
Beschwerden gegen die Urteile des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 18. November 2024 (SGSEK.2024.12 [9D_3/2025] bzw. SGGEM.2024.3 [9D_2/2025]).
Erwägungen:
1.
1.1. A.________ (geb. 1947; nachfolgend: der Steuerpflichtige) hatte in den hier interessierenden Steuerperioden 2021, 2022 und teilweise auch 2023 Wohnsitz in U.________/SO. Zu diesen Steuerperioden liegen rechtskräftige Veranlagungsverfügungen zu den Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Solothurn und der direkten Bundessteuer vor, die zu folgenden Steuerforderungen führten:
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Bundessteuer
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Staatssteuer
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Gemeindesteuer
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2021
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420.95
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3'712.90
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4'467.75
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2022
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609.00
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3'586.45
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4'346.35
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2023
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28.75
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311.75
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421.95
|
Total
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1'058.70
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7'611.10
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9'236.05
|
Die Steuern sind unbezahlt geblieben. Nach der Scheidung seiner Ehe ist der Steuerpflichtige ausgewandert. Er lebt heute in V.________ (DE).
1.2. Mit Eingaben vom 15. Mai 2024 ersuchte der Steuerpflichtige um Erlass der genannten Steuerbetreffnisse. Das Finanzdepartement des Kantons Solothurn (Verfügungen vom 11. Juli 2024 betreffend die Staatssteuer und die direkte Bundessteuer der drei Steuerperioden) bzw. die Einwohnergemeinde U.________/SO (Verfügungen vom 23. Juli 2024 betreffend die Gemeindesteuer der drei Steuerperioden) wiesen das Gesuch ab. Die Finanzdirektion erwog, dass der Steuerpflichtige und seine abgeschiedene Ehefrau, B.________, für die Zeit der gemeinsamen Veranlagung solidarisch hafteten. Was den Steuerpflichtigen angehe, so verbleibe diesem rechnerisch ein Freibetrag von Fr. 442.- pro Monat. Dieser Freibetrag und jener der abgeschiedenen Ehefrau ermöglichten es den beiden Steuerpflichtigen, die Steuern zu begleichen. Zulasten des Steuerpflichtigen bestünden zudem offene Schulden von Fr. 4'900.-, wie dieser einräume und was nach einer Gesamtsanierung rufe. Die Wohnsitzgemeinde schloss sich dieser Sichtweise praxisgemäss an.
1.3. Der Steuerpflichtige gelangte am 5. August 2024 an das Steuergericht des Kantons Solothurn. Mit zwei grundsätzlich gleichlautenden Urteilen vom 18. November 2024 (SGSEK.2024.12 betreffend die Staats- und die direkte Bundessteuer; SGGEM.2024.3 betreffend die Gemeindesteuer, jeweils Steuerperioden 2021 bis und mit 2023) weist das Steuergericht des Kantons Solothurn die Rechtsmittel ab. Es erwägt, dass ein Erlassgesuch abzuweisen sei, wenn ein Freibetrag nachgewiesen sei, der es erlaube, die Steuerschuld innerhalb eines Jahres zu tilgen. Mit einem Überschuss von Fr. 442.-, wie er vorliegend rechtsfehlerfrei erhoben worden sei, lasse sich die Steuerschuld innerhalb eines Jahres zwar nicht begleichen. Entsprechend wäre grundsätzlich ein (Teil-) Erlass zu prüfen. Ausschlaggebend sei aber, dass weitere Schulden von Fr. 4'900.- im Raum stünden. Solange diese noch nicht getilgt seien, komme ein (Teil-) Erlass von vornherein nicht infrage, da dies - mangels Opfersymmetrie - zu einer Gläubigerbevorzugung führen würde. Bei allem Verständnis, auch für die beeinträchtigte gesundheitliche Situation des Steuerpflichtigen, könne dem Gesuch nicht entsprochen werden.
1.4. Mit zwei separaten Schriftsätzen vom 3. Februar 2025 wendet sich der Steuerpflichtige an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, in Aufhebung der beiden angefochtenen Entscheide seien ihm die offenen Steuerschulden vollumfänglich zu erlassen. Er macht geltend, seine Cousine, bei der er in Deutschland untergekommen sei, habe seine Schulden von Fr. 4'900.- "übernommen", sodass er "keine Privatschulden mehr" habe. Der rechnerische Freibetrag von Fr. 442.- widerspreche den Tatsachen, möglich wäre ihm eine ratenweise Tilgung von Fr. 120.-. Im Übrigen habe er dem Betreibungsamt in Solothurn bereits Fr. 6'587.- überwiesen.
2.
2.1. Die Vorinstanz hat zu den Steuerperioden 2021 bis 2023 hinsichtlich der Staatssteuer des Kantons Solothurn und der direkten Bundessteuer einerseits und der Gemeindesteuer des Kantons Solothurn anderseits je ein Urteil erlassen. Der Steuerpflichtige ficht diese beiden Urteile mit zwei separaten, inhaltlich aber grundsätzlich übereinstimmenden Beschwerdeschriften an. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind im Bundesrecht und im harmonisierten Steuerrecht des Kantons Steuerrecht übereinstimmend geregelt und haben im Verlauf der drei Steuerperioden keine Änderung erfahren. Es rechtfertigt sich daher, die beiden Beschwerden in einem einzigen Urteil zu erledigen (Art. 71 BGG [SR 173.110] in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 149 III 81 E. 1.2).
2.2. Im Bereich des Abgaberechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich gegeben (Art. 83 BGG e contrario) und geht der subsidiären Verfassungsbeschwerde vor (BGE 150 I 174 E. 1.2). Anders verhält es sich insbesondere im Fall von angefochtenen Entscheiden über die Stundung oder den Erlass von Abgaben. Diesfalls ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen, es sei denn, eine doppelte Voraussetzung sei erfüllt. So ist zum einen zu verlangen, dass ein Entscheid über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer vorliegt, und zum andern, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 83 lit. m BGG; BGE 149 II 462 E. 1.2.2).
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so hat die beschwerdeführende Person auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt sein soll (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG; BGE 147 IV 453 E. 1.4.8; 145 IV 99 E. 1.5; 146 II 276 E. 1.2.1; 143 II 425 E. 1.3.2). Eine derartige Begründung kann den beiden Eingaben vom 3. Februar 2025 nicht entnommen werden: Die gleichlautende Rechtsschrift setzt sich auch nicht zumindest beiläufig damit auseinander, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliege.
Damit entfällt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. m BGG e contrario). Fehlt es an der doppelten Voraussetzung von Art. 83 lit. m BGG, bleibt zu prüfen, ob die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ergriffen werden könne (Art. 113 ff. BGG; BGE 149 II 462 E. 1.2.2; Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.1).
2.3.
2.3.1. Mit einer subsidiären Verfassungsbeschwerde kann ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte gerügt werden (Art. 116 BGG; BGE 146 I 195 E. 1.2.1). Anders als im Fall des Bundesgesetzesrechts geht das Bundesgericht der Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte (einschliesslich der Grundrechte) nur nach, falls und soweit eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet wird (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 116 und 117 BGG ; BGE 150 I 80 E. 2.1; 150 V 340 E. 2). Die beschwerdeführende Person hat daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, dass und inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 150 I 80 E. 2.1; 150 II 346 E. 1.6). Fehlt es in der Beschwerdeschrift an einer derartigen Begründung, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 148 I 104 E. 1.5; Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.2.1).
2.3.2. Vorliegend gehen die Erlassgründe einerseits aus Art. 167 ff. DBG (SR 642.11), anderseits aus § 182 ff. des Gesetzes (des Kantons Solothurn) vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/SO; BGS 614.11) hervor. In ständiger Praxis hat das Bundesgericht erwogen, dass das Recht der direkten Bundessteuer keinen Anspruch auf Erlass der Steuer verleihe (zuletzt: Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.2.2). Dasselbe trifft auf das harmonisierte Steuerrecht des Kantons Solothurn zu. Auch diesem zufolge "kann" die Veranlagungsbehörde bei gegebenen Voraussetzungen die geschuldeten Beträge auf Gesuch hin ganz oder teilweise erlassen. Aufgrund der "Kann-Bestimmung" verschafft § 182 Abs. 1 StG/SO der um Erlass nachsuchenden steuerpflichtigen Person keinen Rechtsanspruch auf Erlass oder Stundung einer rechtskräftig festgesetzten Steuer (zuletzt: Urteil 9D_9/2023 vom 17. Oktober 2023 E. 2.3.1). Demzufolge kann eine steuerpflichtige Person allein durch die willkürliche Auslegung und/oder Anwendung des eidgenössischen und/oder kantonalen Erlassrechts und insbesondere die angeblich willkürliche Verweigerung des Steuererlasses in keinen rechtlich geschützten Interessen betroffen sein (Art. 115 lit. b BGG). Folglich ist die steuerpflichtige Person auch nicht legitimiert, um im Erlasspunkt Willkürrügen vorzubringen (Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.2.2; zum "Bewilligungsanspruch" als Voraussetzung von Art. 115 lit. b BGG: BGE 149 I 72 E. 3.1).
2.3.3. Fehlt im Erlassverfahren ein rechtlich geschütztes Sachinteresse, weshalb eine angebliche materielle Rechtsverweigerung nicht gerügt werden kann, ist es der um Erlass nachsuchenden Person immerhin möglich, mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde diejenigen Rechte als verletzt zu rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Das erforderliche rechtlich geschützte Verfahrensinteresse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung der Partei, am Verfahren teilzunehmen und ihre Parteirechte auszuüben ("Star-Praxis"; BGE 149 I 72 E. 3.1). Unter diesem Titel kann etwa vorgebracht werden, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, die beschwerdeführende Person sei nicht angehört worden, sie habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder die Akteneinsicht sei ihr verwehrt worden (BGE 114 Ia 307 E. 3c). Unzulässig sind dagegen Vorbringen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids hinauslaufen und die sich von der Beurteilung in der Sache nicht trennen lassen (BGE 146 IV 76 E. 2; Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.2.3).
2.3.4. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass eine Laienbeschwerde vorliegt, weswegen die formellen Anforderungen praxisgemäss niedriger angesetzt werden (Urteil 9D_1/2025 vom 27. Januar 2025 E. 2.2.4), kann der Eingabe im vorliegenden Fall insgesamt keine verwertbare Auseinandersetzung mit der entscheidenden Verfassungsfrage entnommen werden. Rügen aus dem Kreis dessen, was überhaupt zulässig wäre (vorne E. 2.3.3), trägt der Steuerpflichtige nicht vor. In seiner Eingabe weist er auf seine persönliche Situation hin, insbesondere auch unter dem Aspekt seiner angeschlagenen Gesundheit. Gleichzeitig macht er geltend, die "Privatschulden" seien mittlerweile beglichen. Abgesehen davon, dass die Tilgung nicht belegt ist, kann dem Hinweis nicht nachgegangen werden. Da die Vorinstanz offene Schulden von Fr. 4'900.- festgestellt hat (vorne E. 1.4) und der Steuerpflichtige nicht verfassungsmässig unterlegt dartut, dass die Schulden schon zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils getilgt gewesen seien, muss es sich - im verfahrensrechtlichen Sinn - bei der angeblichen Tilgung um ein echtes Novum handeln. Solche Tatsachen haben vor Bundesgericht unberücksichtigt zu bleiben (Art. 117 in Verbindung mit Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 150 III 89 E. 3.1). Die Vorbringen des Steuerpflichtigen vermögen insgesamt keine formelle Rechtsverweigerung aufzuzeigen (vorne E. 2.3.3).
2.3.5. Damit ist auf die beiden Rechtsschriften auch unter dem Titel der subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten, was durch einzelrichterlichen Entscheid der Abteilungspräsidentin im vereinfachten Verfahren zu geschehen hat (Art. 42 Abs. 2, Art. 113 und Art. 117 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Soweit der Steuerpflichtige in seiner Beschwerde auf die Höhe der Ratenzahlungen zu sprechen kommt, liegt dies ausserhalb des Streitgegenstandes und ist er insofern an die Finanzdirektion des Kantons Solothurn zu verweisen.
2.4. Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG ), mithin dem Steuerpflichtigen. Aufgrund der Vereinigung der beiden Verfahren können die Kosten ermässigt werden. Der Kanton Solothurn obsiegt in seinem amtlichen Wirkungskreis, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 3 BGG).
2.5. Das vorliegende Urteil kann dem Steuerpflichtigen - trotz ausländischen Wohnsitzes - unmittelbar postalisch zugestellt werden (Art. 17 Abs. 4 des Übereinkommens vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen [MAC; SR 0.652.1]; Urteil 9C_685/2023 vom 23. April 2024 E. 2.5.2.5).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Die Verfahren 9D_3/2025 (Staatssteuer des Kantons Solothurn und direkte Bundessteuer) und 9D_2/2025 (Gemeindesteuer des Kantons Solothurn), je Steuerperioden 2021 bis 2023, werden vereinigt.
2.
Auf die subsidiären Verfassungsbeschwerde betreffend die Staatssteuer des Kantons Solothurn und die direkte Bundessteuer wird nicht eingetreten.
3.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde betreffend die Gemeindesteuer des Kantons Solothurn wird nicht eingetreten.
4.
Die ermässigten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von je Fr. 500.-, gesamthaft Fr. 1'000.-, werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 13. Mai 2025
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Moser-Szeless
Der Gerichtsschreiber: Kocher